Für Peter Gingold von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) "ein Skandal", denn die über 80 Gruppen von Kirchen bis hin zu den Gewerkschaften galten als unverdächtig, gewaltsam gegen die Nazis zu protestieren. In der Kürze der Zeit konnten die DemoveranstalterInnen keine Rechtsmittel einlegen, während die fast 200 Neonazis mit höchstrichterlicher Erlaubnis durch die Stadt marschieren durften.
Unter dem Motto "Heimreise statt Einreise" will die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gemeinsam mit den militanten "Freien Kameradschaften" ihre Kampagne gegen den "Multikulti-Wahn" vorantreiben - Braunschweig ist da nur eine Station von mehreren. Demnächst wollen sie in Lüneburg aufmarschieren. Die Zusammenarbeit von NPD und Kameradschaften hat dabei auch die Verfassungsschützer überrascht, waren sie bisher davon ausgegangen, dass die militanten Neonazis nicht mehr mit der Rechtspartei kooperieren würden. Eine klare Fehleinschätzung: Neben dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt marschierte der Hamburger Kameradschaftskader Thomas Wulff am Samstag in gemeinsamer Klage über "Geburtenschwund" und "Masseneinwanderung".
Doch lange konnten die norddeutschen Rechten an diesem Tag nicht durch die Stadt Heinrich des Löwens ziehen: Die Demonstranten stellten sich im Anschluss an die offizielle Kundgebung den Nazis in den Weg. Kein Platz, an denen ihnen nicht "Haut ab" oder "Nazis raus" entgegenschallte. Trotz 1.600 Polizisten konnten die Rechten nicht die rechtliche erstrittene Innenstadt-Route nehmen - der Widerstand war zu heftig. Verärgert folgte die NPD der polizeilichen Anweisung umzukehren.
taz Nord vom 20.10.2003